Die spektakuläre Reise durch den Swiss Grand Canyon

920, Disentis/Mustér-Ilanz-Reichenau-Chur

Das Klosterdorf Disentis bildet den Umsteigepunkt zwischen der von Andermatt herkommenden MGB (920) und der Rhätischen Bahn. Stündlich verlässt ein Regionalzug mit der Zielanschrift Scuol-Tarasp den Hauptort der oberen Surselva. Das Bahntrasse schlängelt sich am nördlichen Berghang entlang in Richtung Sumvitg. Unterwegs wird bereits einer der bedeutendsten Brückenbauten überfahren, die fast 100 Meter lange Russeinbrücke. Mit der Einfahrt im beschaulichen Bahnhof Sumvitg-Cumpadials, 

welcher sich genau zwischen den beiden Dörfern befindet, öffnet sich das Tal langsam. Der Zug tuckert via Rabius Surrein nach Trun hinunter, wo die bis 27 Promille steile Talfahrt sein Ende nimmt. Das Trasse schlängelt sich nun dem Vorderrhein entlang, dessen Quelle auf dem Oberalppass entspringt. Der nächste Halt befindet sich in Tavanasa, wo PostAuto Anschluss ins 500 Meter höherliegende Breil/Brigels besteht. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es übrigens keine einzige fahrbare Strasse in der Surselva. Der obere Teil des Tals wurde auch erst 1912 ans Netz der RhB angeschlossen. 

Die Reise führt nun über Waltensburg/Vuorz weiter nach Rueun. Sofern der Halt hier nicht verlangt wurde, braust der Zug ohne Zeit zu verlieren durch zum nächsten Bahnhof. Nach rund 45 Minuten Fahrzeit erreicht die rote Zugskomposition die Kleinstadt Ilanz, oder Glion auf Rätoromanisch. Denn praktisch in der ganzen Surselva, mit Ausnahme der alten Walser Siedlungen im Safiental, Vals und Obersaxen, gilt Rätoromanisch als Amtssprache. Ilanz ist auch ein wichtiger PostAuto-Knotenpunkt. Insgesamt zwölf Linien erschliessen sternförmig die umliegenden Dörfer, 

darunter auch die bekannten Ferienorte  Flims, Laax, Obersaxen und Vals. Die Strecke der Oberländerlinie, wie sie auch genannt wird, führt nun durch das flache und recht breite Vorderrheintal nach Castrisch. Hier beginnt der spektakulärste Teil der Strecke. Während die Strasse die Schlucht über die rund 500 Meter höherliegenden Dörfer Flims oder Versam umfährt, verläuft die Eisenbahnstrecke direkt durch die enge Ruinaulta. Während den nächsten rund 30 Minuten zieht eine weitgehend unberührte Natur, die während tausenden von Jahren mit der Kraft des Wassers erschaffen wurde, am Fenster vorbei. 

Um das Naturspektakel Rheinschlucht touristisch noch attraktiver zu machen, wurde vor einigen Jahren von der RhB der Erlebniszug Rheinschlucht initiiert. Dieser verkehrt jeweils an den Wochenenden im Sommer zwischen Landquart/Chur und Ilanz. In den offenen Aussichtswagen des Erlebniszuges ist die Fahrt durch die imposante Schlucht noch eindrücklicher. Der nächste Halt befindet sich in Valendas-Sagogn. Der Bahnhof, welcher sich zwischen den beiden Dörfern befindet, bildet den Ausgangspunkt einer weiteren Variante, die Ruinaulta mit dem ÖV zu entdecken - der Rheinschluchtbus.

Auf dieser saisonalen PostAuto-Linie kommt in der Regel ein Cabrio Fahrzeug zum Einsatz, welches den Fahrgästen eine uneingeschränkte Sicht auf die bis zu 400 Meter tiefe und 13 Kilometer langen "Swiss Grand Canyon" verspricht. Entstanden ist die Schlucht vor über 10`000 Jahren nach einem Felssturz. Dadurch konnte der Vorderrhein nicht mehr abfliessen und dieser staute sich zu einem gigantischen See auf. Im Laufe der Zeit schliff sich das Wasser durch die Bergsturzmassen. Der entstandene See konnte gänzlich abfliessen und zurück blieb die Ruinaulta. 

Etwa auf halbem Weg befindet sich mitten in diesem imposanten Naturschauspiel der Bahnhof Versam-Safien. Die dazugehörigen Ortschaften liegen rund 300 Meter oberhalb und sind mit der PostAuto-Linie 90.401 erschlossen. Weiter befindet sich gleich neben dem Bahnhof die Kanuschule Versam. Mit geführten Rafts und Kanu-Touren können Adrenalinhungrige die wilde Rheinschlucht auf dem Wasserweg erkunden. Das Eisenbahntrasse schlängelt sich derweil weiter am südlichen Ufer des Flusses entlang. Die ersten Ideen für den Bau der Bahnlinie kamen 1890 auf.

Neben der heutigen Linie durch die Ruinaulta prüften die Ingenieure auch die Varianten über Versam, Flims-Laax oder Conn. Schliesslich machte die kostengünstigste Linienführung durch die Rheinschlucht das Rennen. Trotz etlichen durch Erdrutsche und Hochwasser bedingten Unterbrechungen der Bauarbeiten, konnte die Strecke nach drei Jahren Bauzeit 1903 eröffnet werden. Zurück in die Gegenwart. Mithilfe der Isa Bella Brücke wird das Rheinufer gewechselt. Der rote Zug schlängelt sich nun weiter zum Bahnhof Trin. Auch hier befindet sich die Station weit vom eigentlichen Dorf entfernt.

Neben den stündlich verkehrenden Regio Express Zügen spielt auch der Güterverkehr durch die Ruinaulta eine wichtige Rolle. Darunter werden am Tag unzählige Flaschen Valser Wasser von Ilanz bis ins Getränke Depot nach Domat/Ems transportiert. Nach rund 15 Minuten Fahrzeit erreicht man langsam das Ende der Rheinschlucht. Die Zugskomposition überfährt zuerst den Hinter- und anschliessend den Vorderrhein bevor sie im Bahnhof von Reichenau-Tamins einfährt. Im Trennungsbahnhof mündet die Oberländer Linie in jene der Albula Bahn. (940)

Nach einem kurzen Halt führt die Reise weiter zu den Ems Werken. Die dort ansässige Ems Chemie ist der wichtigste Arbeitgeber in der Region. Dank einem sogenannten Dreischienengleis kann der Industriebetrieb mit normalspurigen Güterzügen ab Chur erreicht werden. Nach einem Halt in der benachbarten Ortschaft Domat/Ems führen die Gleise am Rhein entlang in den Stadtteil Chur West. Vorbei an den grossen Rangieranlagen der SBB erreicht der Zug nach 1 1/4 Stunden den Bahnhof der ältesten Schweizer Stadt. Chur bildet den Umsteigepunkt zwischen der RhB, den SBB und etlichen PostAuto Linien.